Universitätskommunikation – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

BERGISCHE TRANSFERGESCHICHTENVom Internet, neuartigen Displays und sensorischen WundauflagenProf. Dr.-Ing. Patrick Görrn und der Lehrstuhl für Großflächige Optoelektronik

17.01.2018|15:29 Uhr

Welche Gemeinsamkeiten haben unser heutiges Internet und zukünftige sensorische Wundauflagen? Antworten auf diese und andere Fragen gibt der Lehrstuhlinhaber für Großflächige Optoelektronik an der Bergischen Universität, Prof. Dr.-Ing. Patrick Görrn.

<span class="sub_caption"> Foto Wissenschaftstransferstelle / Iris Rudolph</span>

Wenn seine kleine, zweijährige Tochter begeistert über die Fotos auf dem Handy wischt, weiß der Lehrstuhlinhaber, welche Faszination das Licht auf den Menschen ausübt.

Die Optik ist die Lehre des Lichts. Die Optoelektronik beschäftigt sich mit der Frage, wie Licht in elektronischen Bauelementen erzeugt, gemessen oder in elektrische Energie umgewandelt werden kann. So nimmt die Digitalkamera im Handy ein Bild auf, Leuchtdioden (LEDs) erzeugen Licht und ein Display stellt mit diesem Licht das ursprüngliche Bild dar.

Das Display ist – wie auch die Solarzelle – ein Beispiel für großflächige Optoelektronik. Während andere elektronische Bauelemente immer stärker miniaturisiert werden, liegt der Fokus dieser Disziplin darauf, optoelektronische Funktionalität kostengünstig auf großen Flächen zu erreichen.

„Die Lichterzeugung mit LEDs“, erklärt der gebürtige Brandenburger Patrick Görrn, „hat inzwischen einen internen Wirkungsgrad nahe hundert Prozent erreicht.“ Zwar bestehe noch Entwicklungsbedarf dieses intern erzeugte Licht auch möglichst vollständig aus dem Bauelement auszukoppeln, doch schon heute seien LEDs als elektronische Bauelemente früheren Lichtquellen deutlich überlegen.

Als mikroelektronische Bauelemente sind LEDs reine Punktlichtquellen. Nutzt man aber Wellenleiter, die ihr Licht auf einer Fläche verteilen und homogen abstrahlen, so entstehen Flächenleuchten, also großflächige Bauelemente. Diese Wellenleiter sind so nicht nur ein neuer Trend in der Beleuchtungstechnik, sie werden auch zum Bau von Displays verwendet. Dabei wird das flächig abgestrahlte Licht mit Flüssigkristallen (engl. LCD, Liquid Crystal Display) durchgelassen oder absorbiert. Durch diese kontrollierte Absorption werden die Pixel des Displays definiert.

Bei der Absorption in Flüssigkristallen wird Licht in Wärme umgewandelt. Daher sind LCDs vergleichsweise ineffizient, selbst wenn sie inzwischen mit LEDs, also den besten verfügbaren Lichtquellen beleuchtet werden.

Könnte man das Licht nur dort aus dem Wellenleiter entnehmen, wo man es tatsächlich braucht, so wäre ein Display realisierbar ohne die Effizienz durch Absorption zu senken. Genau darum geht es beim Wellenleiterdisplay WAGUDI. Bei dieser Erfindung von Görrn wird ein spezieller Wellenleiter durch eine elektrische Spannung „verstimmt“. Dadurch wird Licht an einem auswählbaren Ort aus dem Wellenleiter herausgestreut. Es entsteht ein aktiv schaltbares Display. WAGUDI wurde inzwischen von der Hochschule zum Patent angemeldet.

Während planare Wellenleiter für großflächige Anwendungen zunehmend interessant werden, sind andere Wellenleiter – die Glasfasern – aus unserem Leben schon längst nicht mehr wegzudenken. „Wenn man Optoelektronik erklärt, kommt man am Internet nicht vorbei“, führt der Elektrotechniker aus. „Wir übertragen Informationen über Glasfasern und verstärken diese optisch. Ohne die Optoelektronik wäre das Internetzeitalter, wie wir es kennen, überhaupt nicht möglich gewesen. Kaum ein Forschungsfeld hat eine so rasante Entwicklung genommen.“

Der Vorteil für den Nutzer liegt für Görrn auf der Hand. Beispiel Display: „Jedes Display, dass ich mir kaufe, ist größer als das alte, hat eine größere Auflösung, eine höhere Effizienz und kostet weniger.“ Damit beschreibt er eine Technologie, die von vorneherein auf Innovation setzt, wo auch der Käufer permanent erwartet, dass es qualitativ und hinsichtlich der Leistungsdaten besser und zugleich auch günstiger wird. Ähnlich verhält es sich mit der immer schneller werdenden Internetverbindung. „Wenn ich einen neuen Vertrag abschließe, möchte ich selbstverständlich eine höhere Datenrate als in meinem alten Vertrag,“ so Görrn.

Auch im medizinischen Bereich ist die Elektrotechnik nicht mehr wegzudenken. Sind irgendwann Implantate direkt im Gehirn möglich? Kann man vielleicht sogar über einen körpereigenen USB-Anschluss schnell eine neue Fremdsprache aufspielen? Görrn: „Tatsächlich gibt es den Wunsch, Bauelemente mit elektronischer Funktionalität zu versehen und diese in unmittelbaren Kontakt mit dem menschlichen Körper oder Organen zu bringen.“

Der Ingenieur nennt das Beispiel einer speziellen Wundauflage, die mit Sensoren versehen sein soll. „Wir haben Konzepte mitentwickelt, um in sehr weichen Strukturen elektronische Funktionalität zu erzeugen.“ Über die intelligente Wundauflage, die eine weiche und luftdurchlässige Sensorik enthält, könnte ein Mediziner dann berührungslos auslesen, in welchem Zustand z.B. eine chronische Wunde ist. Mit dieser Methode wären Wundauflagen länger verwendbar. Die Sterilität bliebe während der Prüfung der Wunde erhalten.

Mit sieben Mitarbeitern und einigen Studierenden arbeitet der 39-jährige an zahlreichen Forschungsprojekten. Interdisziplinär arbeitet der Vater zweier Töchter u.a. mit seinem Kollegen aus der Makromolekularen Chemie, Prof. Dr. Ullrich Scherf, zusammen. Für die Zukunft würde sich der erste Wissenschaftler der Bergischen Universität Wuppertal, der einen der prestigeträchtigen ERC Grants bekommen hat, eine engere Zusammenarbeit mit Wuppertaler Unternehmen wünschen.

UWE BLASS

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Prof. Dr.-Ing. Patrick Görrn studierte Elektrotechnik an der TU Braunschweig. Er promovierte am Institut für Hochfrequenztechnik (IHF) ebenda. Von 2009 bis 2011 war er als Postdoktorand an der Princeton University tätig. Ab April 2011 erhielt er eine Juniorprofessur an der Fakultät für Elektrotechnik, Informationstechnik und Medientechnik in Wuppertal, wo er 2014 den Lehrstuhl für Großflächige Optoelektronik übernahm.

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