Universitätskommunikation – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

BERGISCHE TRANSFERGESCHICHTEN„Es wäre doch toll, etwas in der Musiklehrerausbildung verändern zu können“Dr. Annette Ziegenmeyer und das Projekt KulturCampus Wuppertal

16.08.2017|09:06 Uhr

Ihr Herz schlägt für die Schule, in der sie neun Jahre sehr glücklich unterrichtet hat. In dieser Zeit spürte Dr. Annette Ziegenmeyer aber auch die Zwänge des bürokratischen Systems, stand vielen Entscheidungen kritisch gegenüber und konnte viele ihrer Ideen nicht mehr umsetzen. Das Ziel, einmal an einer Universität oder Hochschule zu unterrichten, hatte die gebürtige Hildesheimerin schon früh vor Augen.

<span class="sub_caption"> Foto Thorsten Kellner</span>

Die Liebe zur französischen Sprache sowie eine engagierte Musiklehrerin mit beispielhaftem inklusiven Musikunterricht prägten die heutige Akademische Rätin Ziegenmeyer. Begeistert schildert sie die Vorgehensweise ihrer ehemaligen Lehrerin: „Sie hat uns wirklich alle zum Musikmachen inspiriert und es hinbekommen, dass der ganze Jahrgang über den Unterricht hinaus an den sogenannten ‚Musikwochen‘ teilnahm. Im Musikunterricht erinnere ich mich besonders gut an ihre selbstgeschriebenen Arrangements, die richtig gut klangen und in denen jeder von uns seinen individuellen Spielpart bekam. Besonders toll war, dass man ganz ‚en passant‘ die Noten mitgelernt hat.“

Seit 2015 ist Annette Ziegenmeyer nun schon an der Bergischen Universität Wuppertal und hält einen engen Kontakt zwischen Hochschule und Schule für extrem wichtig. „Ich wünschte mir, dass ich im Rahmen meiner universitären Lehre auch ein Mindestmaß an der Schule unterrichten könnte (beispielsweise in Form einer AG). Nur wer beide Institutionen von innen kennt und auch als Hochschullehrender im Bereich der Lehrerbildung den Kontakt zum Lernort Schule nicht verliert, kann beide Ebenen zusammendenken. Ich glaube, dass ich durch den nach wie vor sehr intensiven Kontakt mit Musiklehrkräften an unterschiedlichen Schulen und die regelmäßige Durchführung von Schulprojekten mit unseren Studierenden diesen Anspruch ein Stück weit erfülle und erlebe das als Stärke.“

Ihre Stärke liegt allerdings nicht nur in der Tätigkeit als Lehrende, sondern auch in ihrer künstlerischen Ausrichtung. So geht es der Blockflötistin und Komponistin Annette Ziegenmeyer vor allem um eine Musikpädagogik, in der die Musik das verbindende Element ist und Kreativität ihren Platz hat. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die von ihr in Wuppertal bereits angestoßenen Projekte darauf abzielen, Lehramtsstudierende zu ermutigen, ihre individuellen Interessen und Stärken zu verwirklichen. So entstand auch das Herzensprojekt von Annette Ziegenmeyer, der „KulturCampus Wuppertal“, ein sogenanntes „Service Learning Projekt“ der Musikpädagogik.

Im Mai 2016 lernte sie über das Wuppertaler Kulturbüro den freischaffenden Musiker und Musikpädagogen Björn Krüger (Uncle Ho; Planet K – Kultur für alle e.V.) kennen. Eine folgenschwere Begegnung, durch die das gemeinsame Projekt KulturCampus Wuppertal erst richtig Fahrt aufgenommen hat.

Bevor der KulturCampus Wuppertal zum Wintersemester 2016/17 starten konnte, führten Ziegenmeyer und Krüger Gespräche mit der Hochschulleitung und warben Fördergelder bei der Jackstädt-Stiftung sowie dem Verein der Freunde und Alumni der Bergischen Universität (FABU) ein.

Im Rahmen des KulturCampus bekommen Studierende zunächst in einem Wahlpflichtmodul Einblicke in musikkulturelle Arbeitsfelder und erwerben die hier erforderlichen Kompetenzen (Projektkonzeption und Projektgestaltung, Suche nach Förderern, Antragstellung, Kostenkalkulation, Vernetzung etc.). Dann entwickeln sie eine eigene Idee für ein musikkulturelles Projekt – mit musikkulturellem, -pädagogischem oder künstlerisch orientiertem Schwerpunkt – und führen es dann selbst durch. Eine Prüfung, bestehend aus einer schriftlichen Projektdokumentation sowie einem Vortrag und Kolloquium, rundet das Modul ab und führt zum Zertifikat „KulturCampus Wuppertal: Projektarbeit in der kulturellen Bildung“.

„Der KulturCampus Wuppertal entfaltet genau an der Stelle seine Wirkung, wo die Spannungen zwischen künstlerischen, pädagogischen und wissenschaftlichen Entwicklungsprozessen bei den Studierenden in den Lehramtsstudiengängen Musik sichtbar werden. So stellt er sowohl für die Studierenden mit klarem Berufsziel Lehramt Musik als auch für diejenigen, die sich diesbezüglich nicht sicher sind oder im Studium bemerken, dass sie doch nicht in der Schule tätig sein möchten, eine sinnvolle und notwendige Bereicherung dar“, sagt Ziegenmeyer.

„Insbesondere Musiklehrkräfte können von Kompetenzen in musikkultureller Arbeit profitieren. Durch die Teilnahme am KulturCampus Wuppertal werden sie für individuelle Handlungsspielräume in der musikkulturellen Projektarbeit sensibilisiert, die sie dann aufgrund ihres erworbenen Wissens und Erfahrungen später im Berufsleben wirkungsvoll und nachhaltig nutzen können (z.B. in Form von Kooperationen mit Künstlern, Anschaffung von Instrumentarium). Zum anderen ergibt sich durch die im KulturCampus angestrebte Vernetzung der Akteure am Kulturleben eine Win-Win-Win Situation, bei der sowohl die Universität, die Stadt Wuppertal als auch das Arbeitsfeld der musikkulturellen Bildung profitieren.“

Die entstehenden Kulturangebote werden auch auf der Website des KulturCampus Wuppertal (http://kulturcampus-wuppertal.de/) sichtbar gemacht.

Zwei Projekte haben sich bereits erstaunlich entwickelt, so Annette Ziegenmeyer. Das Projekt „Zusammen Weinen – Zusammen Lachen e.V.“ von Student Jens Reddmann kümmert sich in musikalischer Form um Kinder, die in einer Hospizeinrichtung leben. Reddmann bietet sogenannte „Wohnzimmerkonzerte“ an, an denen alle entsprechend ihrer Möglichkeiten teilhaben können. Das Projekt ist bereits auf so große Resonanz gestoßen, dass weitere Einrichtungen angefragt haben und Workshops in Planung sind.

In einem anderen Projekt hat Studentin Lea Sander in einer Schule auf der Insel Pulau Mabul in Malaysia ein einmonatiges Musikprojekt durchgeführt: Kinder sollten durch die kreative Auseinandersetzung mit Musik über die Folgen der Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll aufgeklärt werden. Entstanden sind in dem einmonatigen Aufenthalt auf der Insel nicht nur viele Lieder, sondern auch eine 30-minütige Show, die am Ende im Dorf aufgeführt wurde. Lea Sander will nach dem Abschluss ihres Bachelors nach Malaysia zurückgehen, um im Rahmen der Non-Profit-Organisation T.R.Y. Freiwilligenarbeit an den Schulen zu betreuen.

Die unermüdliche Musikpädagogin Annette Ziegenmeyer selbst verfolgt schon ein nächstes Projekt: „Man könnte beispielsweise Häftlingen im Jugendstrafvollzug eine Möglichkeit bieten, sich mit ihrer Vergangenheit kreativ auseinandersetzen – also im positiven Sinne als Alternative zu Gewalt. Schon immer entluden sich schlimme Situationen und Konflikte in Musik. Ich glaube, dass durch die kreative Auseinandersetzung mit Musik und dem eigenen Leben sehr viel Gutes heraussprudeln kann, wenn man es herausschreien darf und sagen kann: Das habe ich erlebt.“

Im Rahmen der Ü-55-Forschertage spricht Dr. Ziegenmeyer gemeinsam mit Björn Krüger, Lea I. Sander und Jens Reddmann am Donnerstag, 14. September um 13.15 Uhr, zum Thema „KulturCampus Wuppertal – Dein Kulturprojekt: Planen – Entwerfen – Durchführen“. Kostenfreie Anmeldung unter www.wuppertal-live.de

http://kulturcampus-wuppertal.de/

UWE BLASS

Weitere Transfergeschichten unter
https://www.transfer.uni-wuppertal.de/transfergeschichten.html

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Annette Ziegenmeyer studierte 1996 bis 2001 „Schulmusik“ an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover sowie der Leibniz Universität Hannover, 2001 bis 2002 absolvierte sie ein Aufbaustudium „Musikerziehung“ und 2002 bis 2003 ein Aufbaustudium „Künstlerische Ausbildung“ an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. 2003 bis 2005 hielt sie sich im Rahmen eines Künstler- und Komponistenstipendiums an der „Cité Internationale des Arts“ in Paris auf mit anschließender Lehrtätigkeit am Conservatoire municipal de musique de Malakoff (ebenfalls Paris). 2006 bis 2008 folgte ein Referendariat, 2008 bis 2012 ein Promotionsstudium in Musikwissenschaft an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, 2008 bis 2015 die Tätigkeit als Studienrätin an der Stormarnschule in Ahrensburg. 2013 bis 2015 war Ziegenmeyer als Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Musikdidaktik /-pädagogik an die Europa-Universität Flensburg abgeordnet, seit 2015 ist sie Akademische Rätin an der Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften der Bergischen Universität Wuppertal.

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