Universitätskommunikation – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

„Bergische Transfergeschichten“: Rendezvous mit der französischen Gegenwartsliteratur

20.07.2020|10:59 Uhr

Seit 2015 gibt es an der Bergischen Universität die „Rencontres Littéraires“. Diese literarischen Begegnungen locken Autor*innen der französischsprachigen Gegenwartsliteratur nach Wuppertal. Längst sind die Treffen mit namhaften Schriftsteller*innen nicht mehr nur den Studierenden vorbehalten. Auch Bürger*innen der Region kommen regelmäßig zu den Veranstaltungen, die die Romanist*innen Dr. Stephan Nowotnick und Marie Cravageot organisieren. In den „Bergischen Transfergeschichten“ sprechen sie über die Entwicklung der „Rencontres“ und darüber, was sie für den deutsch-französischen Kulturaustausch bedeuten.

Marie Cravageot und Dr. Stephan Nowotnick<br /><span class="sub_caption">Foto UniService Transfer</span><br /><span class="sub_caption">Klick auf das Foto: Größere Version</span>

Eine Seminarreihe zur französischen Gegenwartsliteratur war der Impuls, die literarischen Begegnungen, „Les Rencontres Littéraires“, ins Leben zu rufen. „Warum sollten wir nicht die Autor*innen persönlich einladen, über die wir sprechen?“, fragte sich der Romanist Dr. Stephan Nowotnick, der in der Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften französische, spanische und lateinamerikanische Literatur lehrt. Mit dem Ziel, „Studierende der Romanistik in persönlichen Kontakt und in ein persönliches Gespräch mit wichtigen Autor*innen der französischen Gegenwartsliteratur zu bringen, die sie zuvor in Seminaren gelesen und studiert haben, bedeuten die ,Rencontres Littéraires‘ einen besonderen Beitrag zu einem mit Leben gefüllten Literaturstudium“, sagt er. Mit der Kollegin Maren Butzheinen begann Nowotnick 2015, diese Idee in die Tat umzusetzen und veranstaltet seit nunmehr fünf Jahren die Begegnungen – seit 2016 mit Marie Cravageot an seiner Seite.

Dabei denken die Wuppertaler Romanist*innen auch an die an französischer Literatur interessierten Bürger*innen der Region: Sie können an den Lesungen der „in aller Regel zur ersten Liga zählenden, zeitgenössischen französischen Autor*innen“ teilnehmen. Damit wurde auch die Universität als Veranstaltungsort zu einer wichtigen Begegnungsstätte dieses mittlerweile überregional bekannten Rendezvous.

Symbol für den deutsch-französischen Kulturaustausch

Das stetig wachsende Publikum habe nur eine Bedingung zu erfüllen, erklärt Cravageot: „Sie müssen Französisch verstehen“, denn die Lesungen werden in der Originalsprache abgehalten, wobei in den anschließenden Diskussionen auch die Möglichkeit der Übersetzung gegeben ist. Dank der Zusammenarbeit mit anderen Institutionen in Wuppertal, wie der Volkshochschule, die in ihren Französischkursen für die nächsten „Rencontres Littéraires“ wirbt, oder dem Partnerschaftskomitee zwischen Wuppertal und Saint-Étienne, „kann man hier tatsächlich von einem Symbol für den deutsch-französischen Kulturkontakt und Kulturaustausch sprechen, einem Symbol, das in Wuppertal und der Region eine besonders starke Resonanz erfährt“, sagt die Wissenschaftlerin.

Femina- und Goncourt-Preisträger kommen ins Tal

Nowotnick und Cravageot suchen gezielt nach aktuellen, vielgelesenen französischen Autor*innen der Gegenwartsliteratur und sind bei ihren Einladungen immer up to date. „So waren zum Beispiel schon Jérôme Ferrari, Laurent Gaudé, Maylis de Kerangal oder Jean-Philippe Toussaint bei uns zu Gast“, erzählt Nowotnick begeistert. „Autor*innen, die in Frankreich in aller Munde sind, die zum Teil wie Stars gehandelt werden.“ Im November kommt zunächst der junge, große Shootingstar der französischen Gegenwartsliteratur, Sylvain Prudhomme, an die Bergische Universität. Ausgezeichnet mit dem „Prix Femina“ ist er einer der angesagtesten Autor*innen Frankreichs. Im Januar folgt ihm der „Prix Goncourt“-Gewinner Nicolas Mathieu ins Tal, der den wichtigsten und ältesten französischen Literaturpreis 2019 für seinen Roman „Leurs enfants après eux“ (dt: Wie später ihre Kinder) erhielt. „Dieser Preis kommt sofort nach dem Nobelpreis für Literatur und wird seit 1903 vergeben“, erklärt Nowotnick. „Diese gekürten Bücher gehören zu den obligatorischen Weihnachtsgeschenken der Franzosen und Französinnen.“

Auch die Studierenden werden an der Umsetzung in Form von Moderationen oder kurzen Vorträgen, den sogenannten „Echos de lecture“, in denen sie ihre persönlichen Eindrücke über Buch und Autor*in präsentieren, an den Veranstaltungen beteiligt. „Eingebettet in die Rencontres sind auch ein Vortrag und Lesungen von Auszügen aus den Werken durch den*die Autor*in selber, die er*sie detailliert kommentiert und mit denen er*sie das Thema der Begegnungen veranschaulicht. Es geht immer darum, jede*n Autor*in im Spiegel seines*ihres gesamten Werkes zu entdecken“, sagt Cravageot. „Es ist eine dynamische Veranstaltung, bei der jeder das Wort ergreifen kann. Der Ablauf ist immer wieder anders.“

Länderschwerpunkt der Bergischen Universität seit 2017: Frankreich

Seit 2017 gehört Frankreich zu den Länderschwerpunkten der Bergischen Universität mit einer Fülle von Beziehungsstrukturen und Aktivitäten. Dazu zählt Nowotnick zahlreiche ERASMUS-Partnerschaften mit französischen Universitäten, bi- bzw. trinationale Studiengänge, Praktikumsangebote in Frankreich u. a. im Bereich Lehramt oder eine Gastdozentur des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in Wuppertal mit einer Kollegin aus Paris-Nanterre. Die „Rencontres Littéraires“ ergänzen diese ausbaufähigen, besonderen Maßnahmen und Nowotnick verabredete in diesem Jahr mit dem „bureau du livre“ (Bücherbüro) der französischen Botschaft sogar eine enge Kooperation. „Das ,bureau du livre‘ organisiert und koordiniert jedes Jahr sämtliche Besuche von französischen Autor*innen in Deutschland. Die Grundidee: Die Botschaft vermittelt Autor*innen, die sie eingeladen hat, auch nach Wuppertal, und wir vermitteln unsere Gäste über das ,bureau‘ ebenfalls in andere Städte. Eine typische Win-Win-Situation.“

Rencontres Littéraires – ein Projekt mit Zukunft?

„Alle Veranstaltungen der Vergangenheit wurden aufgezeichnet und transkribiert“, erläutert Cravageot. „Unser Ziel ist es vor allem, eine Spur dieses immer reichen und faszinierenden Austauschs zu sichern.“ Zudem sind alle Texte und Termine auch über die Homepage unter https://www.romanistik.uni-wuppertal.de/de/rencontres-litteraires.html zugänglich. Und was verrät der Blick nach vorne?

Cravageot und Nowotnick haben noch viel vor: Auch ein Kolloquium 2021 zum Thema der sozialen Krise in Frankreich ist geplant und unter dem verstärkten Einbezug der Medien wird an Partnerschaften mit kulturellen Institutionen gearbeitet sowie einer intensiveren Zusammenarbeit mit dem Kulturbüro der Stadt. „Es ist doch interessant zu hören“, sagt Nowotnick lachend, „dass sich Autor*innen in Paris treffen und feststellen, dass sie beide schon in Wuppertal zu Gast waren!“

Als langfristig übergeordnetes Ziel der Reihe wünschen sich Nowotnick und Cravageot aus den Rencontres Littéraires in Wuppertal eine wichtige, national bekannte Begegnungsstätte mit zeitgenössischer französischer Literatur werden zu lassen und somit zu einem Forum für den deutsch-französischen Kulturaustausch zu werden. Bonne chance!

Die nächste Literarische Begegnung findet coronabedingt am 10. November um 16 Uhr mit Sylvain Prudhomme in der Universitätsbibliothek statt.

Uwe Blass

Die komplette Transfergeschichte lesen Sie hier.


Dr. Stephan Nowotnick lehrt französische, spanische und lateinamerikanische Literatur im Fach Romanistik und leitet in Zusammenarbeit mit der Universität Besançon einen binationalen deutsch-französischen Studiengang.

Marie Cravageot unterrichtet französische Literatur, sie ist Expertin für die zeitgenössische Literatur Frankreichs.

Weitere Infos über #UniWuppertal: